Urteil: Niedrigere Pflegestufe nur bei deutlicher Änderung

RechtDas Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat am 20.01.2014 ein wegweisendes Urteil gesprochen:
Der Kläger wurde durch einen Bescheid vom 23.11.2010 ab dem 01.10.2010 in die Pflegestufe I eingestuft. Er erhielt Pflegegeld. Im MDK-Gutachten, das Grundlage der Einstufung war, wurde ein Pflegebedarf von 86 Minuten täglich festgestellt. Im Dezember 2012 erfolgte eine erneute Begutachtung durch eine andere Gutachterin. Diese stellte nur noch einen Hilfebedarf von täglich 5 Minuten fest. Daraufhin wurde dem Pflegebedürftigen die Pflegestufe aberkannt. Nach erfolglosem Widerspruch klagte der Pflegebedürftige.

In der 2. Instanz beim LSG Berlin-Brandenburg erhielt der Kläger Recht. Das LSG stellte fest, dass es sich beim Bescheid zur Pflegestufe um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Das wiederum heiße, dass für die Aufhebung einer solchen Bewilligung eine wesentliche Änderung im Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides festgestellt werden muss. Um dies festzustellen, müssen die zum Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheides bestehenden tatsächlichen Verhältnisse mit denen, die zum Zeitpunkt der letzten Leistungsbewilligung vorlagen, verglichen werden.

Aus Sicht der Richter liegt bei der Herabsetzung bzw. Aufhebung einer Pflegestufe keine wesentliche Änderung der Verhältnisse vor, nur weil in einem später eingeholten Gutachten der Zeitaufwand in der Grundpflege maßgeblich geringer eingeschätzt wurde als im Erstgutachten. In diesem Fall kommt es entscheidend darauf an, dass tatsächlich, bspw. im Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen, Änderungen eingetreten sind. Zudem muss im Gutachten nachvollziehbar dargelegt werden, wie diese Änderungen den Umfang des Hilfebedarfs vermindert haben. Zudem muss die Pflegekasse bzw. der Gutachter beweisen, dass solche Änderungen vorliegen.

Die Richter des LSG bezweifelten auf der Grundlage der Gutachten, dass sich die Verhältnisse tatsächlich wesentlich geändert hätten. Vielmehr konnten sie nicht ausschließen, dass die gutachterlichen Abweichungen in der Höhe des Zeitaufwands in der Grundpflege lediglich auf unterschiedliche Bewertungen zurückzuführen sind. Diese können jedoch eine Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung nicht rechtfertigen. Diese Sichtweise belegten die Richter mit dem Gutachten vom 5.12.2012 und dem Widerspruchsgutachten vom 02.04.2013. Denn aus beiden Gutachten ging nicht hervor, dass sich das Krankheitsbild des Antragstellers gebessert hätte.

Das Urteil ist rechtskräftig, da der Beschluss nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG) kann.

Hinweis: Das Urteil hat das Az.: L 27 P 47/13 B ER. Sie finden es im Volltext auf www.treffer.nwb.de.