Einige von Ihnen kennen es sicher schon: die Antragsetllung ist nicht unbedingt so problematisch, wie die Wartezeit, bis endlich eine Entscheidung zur Pflegestufe feststeht. Diese Entscheidung ist jedoch äußerst wichtig, da sie die Organisation der Pflege wesentlich beeinflusst. Schon seit 2001 gibt es im Gesetz eine Frist, innerhalb derer die Pflegekassen nach der Antragstellung einen Bescheid erlassen müssen. Allerdings wurde diese Fünf-Wochen-Frist bis in das Jahr 2012 von den meisten Kassen konsequent ignoriert. Eine im Grunde haltlose Situation für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Auch hier steuert der Gesetzgeber mit dem Pflegeneuausrichtungs-Gesetz (PNG) gegen.
Ab sofort muss die Pflegekasse dem Antragsteller spätestens fünf Wochen nach Eingang des Antrags bei der Pflegekasse ihre Entscheidung schriftlich mitteilen.Handelt es sich um ein Erstgutachten bzw. eine erstmalige Einstufung in eine Pflegestufe, muss die Pflegekasse bei Nichtbeachtung dieser Frist eine Strafe an den Versicherten zahlen.
Das heißt, wenn Sie bei einer Ein- oder Höherstufung in eine Pflegestufe den schriftlichen Bescheid der Pflegekasse nicht innerhalb von fünf Wochen nach Eingang des Antrags bei der Kasse erhalten, muss die Kasse Ihnen eine Entschädigung zahlen. Die Pflegekasse muss Ihnen nach diesem Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro zahlen. Allerdings bestehen folgende Ausnahmen:
- wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu vertreten hat (was sie beweisen muss) oder
- der Antragsteller sich in stationärer Pflege und bereits als mindestens erheblich pflegebedürftig (das ist die Pflegestufe I) eingestuft ist
Für Sie heißt das: Wenn Sie den Einstufungsbescheid nicht innerhalb von fünf Wochen vorliegen haben, erhalten Sie von der Pflegekasse – unabhängig vom Ausgang der Einstufung – 70 € für jede angefangene Woche, um die Pflege zu organisieren.
Verkürzte Frist in Krankenhaus oder Rehabilitationseinrichtung
Eine andere Frist gilt, wenn der Antragsteller sich im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung befindet und
- eine Begutachtung in der Einrichtung erforderlich ist, um die weitere ambulante oder stationäre Versorgung sicherzustellen, oder
- wenn die (potenzielle) Pflegeperson gegenüber ihrem Arbeitgeber eine Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz angekündigt hat, oder
- mit dem Arbeitgeber der Pflegeperson eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart wurde.
In diesen Fällen muss die Begutachtung unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchgeführt werden. Zudem kann diese Frist durch regionale Vereinbarungen nur verkürzt werden.
Fristen bei ambulanter Pflege und Familienpflegezeit oder palliativer Pflege
Wenn der Antragsteller zuhause versorgt wird und die Pflegeperson Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber ihrem Arbeitgeber angekündigt oder mit dem Arbeitgeber eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart hat, muss die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder einem von der Pflegekasse beauftragten Gutachter spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei der zuständigen Pflegekasse durchgeführt werden. Allerdings muss bei diesen „Schnellbegutachtungen“ lediglich mitgeteilt werden, ob Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14 und 15 Sozialgesetzbuch (SGB) XI vorliegt.
Wird eine der verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, muss die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung wieder 70 Euro an den Antragsteller zahlen, wenn sie die Verzögerung nicht zu vertreten hat bzw. wenn sich der Antragsteller nicht in stationärer Pflege befindet und als mindestens erheblich pflegebedürftig (mindestens Pflegestufe I) anerkannt ist.
Für Sie heißt das: In Sondersituationen muss eine schnelle Begutachtung erfolgen. Bestehen Sie auf die kurzen Fristen, wenn Sie selbst oder Ihr Angehöriger die oben genannten Bedingungen erfüllt.
Es besteht ein Anspruch auf das Gutachten
Grundsätzlich gilt jetzt, dass ein Antragsteller ein Recht darauf hat, mit dem Bescheid zur Pflegestufe das zugehörige Gutachten zu erhalten. Dazu soll der Gutachter bei der Begutachtung erfragen, ob der Antragsteller von seinem Recht Gebrauch machen will. Der Antragsteller kann die Übermittlung des Gutachtens auch zu einem späteren Zeitpunkt verlangen.
Für Sie heißt das: Wenn Sie in der Begutachtungssituation gefragt werden, ob Sie das Gutachten möchten, sagen Sie ja. Das Gutachten ist unabhängig vom Ausgang der Pflegeeinstufung hilfreich, um die Pflege zu organisieren. Zudem ist es später gut, um abzuwägen, ob ein Höherstufungsantrag sinnvoll ist.
Guten Tag Frau Bohnes,
ich habe eigentlich nur eine kurze Frage, die Sie sicherlich kurz und bündig mit ja oder nein beantworten können.
Und zwar muss der Bescheid der Pflegekasse bei Erstbegutachtung innerhalb von fünf Wochen vorliegen.
Gilt diese fünf-Wochen Frist auch bei Widerspruch?
MfG
Oldmaier