Die Richtlinien und Regeln, die bei einer Begutachtung zur Pflegestufe angewendet werden, können für den Laien verwirrend sein. Denn nicht jeder Hilfebedarf spielt für die Pflegestufe eine Rolle. Die Pflegeeinstufung erfolgt nach den so genannte „Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches„. Diese Richtlinien für die Gutachter verbindlich. Obwohl die Richtlinien öffentlich zugänglich sind, wissen die wenigsten Versicherten, was „drin steht“. Das ist auch verständlich. Denn pflegende Angehörige haben wirklich anderes zu tun, als sich auch noch mit solchen Regeln und Vorgaben zu beschäftigen. Allerdings passieren dadurch in der Begutachtung häufig Fehler, die Einfluss auf die Pflgeeinstufung haben können:
1. Die Pflegeperson oder der Pflegebedürftige legen einen Schwerpunkt auf den Hilfebedarf in der Hauswirtschaft.
Natürlich ist der hauswirtschaftliche Hilfebedarf für den Einzelnen wichtig. Für die Pflegestufe spielt er allerdings eine absolut untergeordnete Rolle. Das heißt, der hauswirtschaftliche Hilfebedarf spielt bspw. bei der Pflegestufe 1 nur dann eine Rolle, wenn der Hilfebedarf bei der Körperpflege, Ernährung (nicht das Kochen!) und Mobilität mindestens 46 Minuten täglich in Anspruch nimmt. Das gilt insgesamt für alle Pflegestufen: der Hilfebedarf im grundpflegerischen Bereich muss überwiegen.
Das sollten Sie tun: Vergessen Sie die Hilfen in der Hauswirtschaft! Kochen, putzen und Wäsche waschen ist zwar viel Arbeit, für die Pflegestufe aber weitestgehend unerheblich. Konzentrieren Sie sich, was Sie im Bereich Körperpflege, Mobilität und Ernährung für den Pflegebedürftigen tun müssen.
2. Die Pflegeperson gibt an, dass sie alles übernehmen muss.
Gemeinhin denken die meisten Menschen, dass es sehr aufwändig ist, wenn man alle Hilfeleistungen für den Pflegebedürftigen ausführen muss. Das nennt sich Vollübernahme und hört sich erst einmal gut an. Tatsache ist jedoch, dass es viel zeitaufwändiger ist, wenn die Pflegeperson den Pflegebedürftigen erst einmal bittet, eine Handlung selbst auszuführen und nur das übernimmt, was der Pflegebedürftige nicht selbst tun kann. Das nennt sich Anleitung, dauert länger, wird durch die so genannte Teilübernahme ergänzt und führt eher zu einer höheren Pflegestufe, als die Vollübernahme. Zumal es für den Hilfebereich der Vollübernahme, so genannte Zeitkorridore gibt, innerhalb derer sich der Gutachter bei der Zeitbemessung „bewegen“ soll. Weicht er von diesen Zeitkorridoren ab, muss er dies im Gutachten extra begründen.
Das sollten Sie tun: Erklären Sie dem Gutachter, dass der Pflegebedürftige von Ihnen zunächst angeleitet wird, Handlungen selbst auszuführen. Dies soll dem Pflegebedürftigen ermöglichen, ein gutes Selbstwertgefühl zu erhalten. Sie greifen mit Ihrer Hilfe erst da ein, wo der Pflegebedürftige nicht mehr weiter kommt.
3. Die Pflegeperson oder der Pflegebedürftige weiß nicht, wie oft am Tag eine Hilfe erforderlich ist.
Bei der Pflegeeinstufung geht es zwar um Minutenwerte, diese sind jedoch vom Gutachter zu ermitteln. In den meisten Fällen ist es auch so, dass die von den Angehörigen gemachten Zeitangaben für Hilfeleistungen als „zu lang“ bewertet werden. Deshalb sollten Sie nicht zu viel Energie darauf verwenden, zu argumentieren, wie lange Sie für die Hilfeleistung brauchen. Viel wichtiger ist, wie oft eine Hilfeleistung erforderlich ist.
Das sollten sie tun: Führen Sie während eines oder mehrerer Tage eine Strichliste, in der Sie notieren, was Sie wie oft machen. Wahrscheinlich werden Sie sich wundern, wie oft Sie ein Getränk einschenken oder auch die Kleidung des Pflegebedürftigen richten müssen. Diese Angaben sind für die Begutachtung wichtig. Es kann hilfreich sein, wenn Sie sich auch noch den Zusammenhang der Hilfestellung notieren, etwa „beim Aufstehen aus dem Sessel, um zum Esstisch zu gehen„. Dann können Sie dem Gutachter nachvollziehbar schildern, welche Hilfen warum und wie oft erforderlich sind.