Wenn über die Bauchdecke ein suprapubischer Katheter gelegt wurde, nennt man den Eintrittsort des Schlauches „Fistel“. Diese Fistel muss – unabhängig davon, ob sie infiziert ist – verbunden werden. Wird dieser Verbandwechsel von einem Pflegedienst durchgeführt, handelt es sich um eine Leistung, die die Krankenkasse des Patienten zahlen muss.
Trotzdem lehnte eine Krankenkasse die Übernahme der Kosten für das Verbinden der Fistel mit der Begründung ab, dass die Fistel nicht entzündet war und auch keine Schädigung der Haut vorlag. Deshalb sei das Verbinden der Fistel nur eine Leistung der Grundpflege.
Der Versicherte (bzw. seine Ehefrau) ging gegen diese Entscheidung in Widerspruch und klagte schließlich beim Sozialgericht gegen die Krankenkasse.
Die Richter waren der Auffassung, dass es sich beim Verbinden der Fistel um eine Leistung der Krankenkasse handelt und diese die Kostenübernahme zu Unrecht ablehnte. Das Verbinden der Fistel ist nach § 37 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V eine Behandlungspflege und keine Leistung der Grundpflege. Aus Sicht der Richter steht bei der Behandlungspflege der Behandlungs- und Heilzweck im Vordergrund der Tätigkeit. Zudem seien zur Ausführung medizinische Kenntnisse erforderlich.
Zur Behandlungspflege gehören nach diesem Urteil alle Pflegemaßnahmen, die die folgenden Aspekte erfüllen:
- sie werden nur durch eine bestimmte Erkrankung verursacht,
- sie sind speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet und
- tragen dazu bei, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder
- Krankheitsbeschwerden zu lindern oder zu verhindern.
Daher fällt der Verbandwechsel beim suprapubischen Katheter unter die Behandlungspflege, denn die Pflege wird durch eine bestimmte Erkrankung verursacht. Zudem war die Versorgung des Katheters im verhandelten Fall ärztlich verordnet und die Versorgung ist in den „Richtlinien über die Verordnung häuslicher Krankenpflege“ als verordnungsfähige Maßnahme genannt.
Insofern können bei einem suprapubischen Katheter folgende pflegerischen Maßnahmen als Behandlungspflege verordnet werden:
- der Verbandwechsel
- Reinigung des Katheters
- Desinfektion der Wunde und ggf. Wundversorgung
- Anwendung ärztlich verordneter Medikamente.
Hinweis: Das Urteil wurde vom Sozialgericht Speyer am 22.11.2012 unter dem Aktenzeichen: S 19 KR 438 / 11 gefällt.